Vor Jahren sind die Deutschen noch auf
die Barrikaden gegangen als eine Volkszählung nach Informationen
gefragt hatte, von denen man der Meinung war, das ginge dem Staat
nichts an. Dieses Jahr stellt sich heraus, das ein US Geheimdienst
massiv Internetverbindungen angezapft hat und es bleibt überraschend
ruhig – keine Demonstrationen der Massen; lediglich Schulterzucken
überall – man habe es ja irgendwie geahnt.
Auch nachdem bekannt wurde, dass diese
Datenerfassung auch auf deutschem Boden – also im deutschen
Rechtsraum – stattgefunden hat. Ruhe. Die Reaktionen – oder
besser die Nichtreaktionen der politischen Kaste ist ein gesonderter
Beitrag wert, das lasse ich mal draußen vor. Was sagt uns das?
- Der Datenschutz ist eine Lachnummer – was gesammelt werden kann, wird auch gesammelt. Da es politisch nicht opportun ist, etwas dagegen zu tun, wird es auch nicht getan.
- Die politischen Konsequenzen, die gefordert werden müssen, sind andere. Was möchte ich erläutern.
Daten werden gesammelt. Der
Geheimdienst sammelt; die Internetfirmen sammeln; Geldinstitute
sammeln; Einzelhandelsunternehmen sammeln. Jeder sammelt. Und wer
sammelt, tut dieses, um die Daten zu verwenden. Es ist ja schließlich
nicht wie Briefmarkensammler, die sich daran ergötzen, dass sie die
komplette Blumenserie der Fidji Insel im Album haben. Nein, es wird
gesammelt, um aus den Daten Handlungen ableiten zu können.
Vor Jahren als vermehrt in deutschen
Konzernen das Personal-Abrechnungs-und Informationssystem „Paisy“
eingeführt werden sollte, wehrten sich Betriebsräte und
Gewerkschaften gegen diese Einführung. Man könne sehr einfach
Suchläufe starten und sich somit in kürzester Zeit Listen der
Mitarbeiter ausgeben lassen zum Beispiel zum Thema Krankenstand. Man
könne somit also gezielt die Mitarbeiter suchen, die in einem
Zeitraum die meisten Kranktage hätten. Bei Stellenabbau hätte man
somit schnell Informationen, wen man bevorzugt „freisetzen“
wolle. Es wurde gefordert, dass solche Auswertungsläufe nicht oder
nur nach Absprache mit dem Betriebsrat geschehen sollten.
Ich war Teil dieses Protestes wurde
aber bald von dritter Seite von der Sinnlosigkeit des Protestes
überzeugt; so lägen diese Informationen vor; man könne es nicht
verhindern, dass solche Auswertungsläufe gestartet würden und wenn
es heraus käme, dass es gemacht wurde, wäre dieses „ohne Wissen
des Managements“ geschehen und der mögliche „Schuldige“ würde
bestenfalls einen Klaps auf die Hand bekommen. Was aber nicht
verhindere, dass die Auswertungen vorlägen, und, wenn sie schon
vorlägen, könne man sie auch verwenden.
Das Problem ist ein anderes: solange
man der Firmenleitung zugesteht, dass sie nach mehr oder weniger
eigenen Gutdünken existentielle Entscheidungen über die Mitarbeiter
treffen, sich für diese Entscheidungen nicht rechtfertigen müssen,
solange ist es eigentlich egal, wie sie zu diesen Entscheidungen
kämen – mehr oder weniger zufällig – mir gefällt dessen
Gesicht nicht – oder nachdem sie die Personallisten nach
irgendwelchen Kriterien durchsucht haben.
Und an dieser Situation hat sich in den
letzten mehr als dreißig Jahren nichts geändert. Der Datenschutz
läuft hinter der Technik her und versucht die Datensammelwut der
staatlichen Stellen und privater Firmen zu unterbinden. Mit immer
weniger Erfolg.
Die Daten liegen vor. Sie werden
gesichtet und interpretiert und es werden Entscheidungen abgeleitet
– hier kommt jemand auf eine No-Fly-Liste, dort wird jemanden die
Lebensversicherung verweigert oder nur zu horrenden Preisen
angeboten, bei einem dritten taucht der Staatsschutz an der Tür auf.
Warum erfährt man nicht, weder welche Daten vorliegen noch ob diese
richtig interpretiert wurden.
Solange also staatliche und
privatwirtschaftliche Institutionen weitreichende Entscheidungen über
unser Leben treffen können, für die sie nicht begründen, belegen
oder rechtfertigen müssen, gegen die es wenig oder keine Handhabe
gibt, solange ist die Datensammelwut eigentlich ein Nebenthema. Und
wenn es irgendwann gelingen sollte, diese Institutionen für ihre
Handlungen verantwortlich zu machen und sie dazu zu bringen die
getroffenen Entscheidungen zu revidieren, dann wiederum ist es
tatsächlich egal welche Informationen sie haben. Nur ist es wenig
wahrscheinlich, dass dieses bald passiert.
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